Bauprozess Ökonomie

063-0601-24 Bauprozess: Ökonomie Vertiefungsfach
HS 2024, Fr 09:45 - 11:30 (inkl. 15 Min. Pause), HCI G7
Doz. Hannes Reichel

Die Vorlesungsfolien werden jeweils am Vortag auf unsere Lernumgebung MAP geladen. (Anmeldung mit ETH-​Benutzername und -​Passwort)

https://map.arch.ethz.ch  

Kursbeschrieb

Das Vertiefungsfach Bauprozess: Ökonomie ist an der Schnittstelle zwischen Ökonomie-​ hier betrachtet sowohl als „Wirtschaftswissenschaften“, als auch als ein Bereich der Sozialwissenschaften-​ und dem gebauten Raum angesiedelt.

Den Studierenden wird mit zunehmender Vergrösserung des Massstabs vor Augen geführt, welche ökonomischen Zwänge und Möglichkeiten unsere Urbanität von der Stadtentstehung und –entwicklung bis hin zum einzelnen Gebäude beeinflussen. Um die Konsequenzen dieser ökonomischen und allgemein gesellschaftlichen Zustände anschaulich zu illustrieren wird auf jeder Massstabs-​Stufe der Fokus zunächst aufgezogen und anhand einer extremen Manifestation, meist aus einer Metropole unserer Welt, oder anhand eines historischen Beispiels das Grundprinzip erläutert. Anschliessend wird auf den vertrauten Massstab der Stadt Zürich und seiner Agglomeration zurückgekehrt, um die gleichen Mechanismen hier zu untersuchen.

In jedem Lehrmodul wird der Bezug zu und die Relevanz für das Metier der Architektinnen und Architekten thematisiert, die hier - dem Anspruch unserer Professur und der Stammvorlesung Bauprozess folgend - als Generalisten mit Spezialkenntnissen auch in ökonomischen Bereichen angesehen werden, ohne in diesen Bereichen ganz aufzugehen; ohne also aufzuhören, Architekten zu sein.

In diesen übergeordneten Kontext eingebettet werden praxisnahe Themen wie Kosten, Renditen, Risiken und Potentiale besprochen, anhand von simulierten Entscheidungssituationen in Form von Übungen und Fallbeispielen verständlich erklärt und aus der Perspektive der verschiedenen am Projekt beteiligten Akteure betrachtet.

Die Fallstudien in der Vorlesung sowie das Bearbeiten von individuellen Themen im Rahmen von Wahlfacharbeiten ermöglichen und erfodern eine aktive Mitarbeit der Studierenden.

Den Themenbereich Bauökonomie in der Vorlesung Bauprozess I und II von Prof. S. Menz betrachten wir als Grundlage dieses Vertiefungsfachs.

Vorlesungen

01 20.09.24 Editorial

02 27.09.24 Die Ökonomie der Stadt

03 04.10.24 Renditen

04 11.10.24 Chancen & Risiken (online)

05 18.10.24 Kosten

-- 25.10.24 Seminarwoche - keine VL

06 01.11.24 Projektentwicklung

07 08.11.24 Die Genossenschaft

08 15.11.24 Referat Re-use

09 22.11.24 Referat Projektentwicklung

10 29.11.24 Case Study Projektentwicklung

11 06.12.24 Prüfung (Online-Übung)

Lehrmodule (Auswahl)

Die Ökonomie der Stadt
Ausgehend von der Frage, welche Gründe den Menschen bewogen, punktuell verdichtet und entfernt von seinen agrarischen Lebensgrundlagen zu siedeln, wird die Stadt als neuer Evolutionsstatus, als Symbiose der Gesellschaft zu einem Flächenorganismus Stadt unter Entfaltung höherer Wertschöpfungseffizienz und Wirtschaftsdynamik und unter Ausformung eines aus dem Umland herausragenden Wirtschaftskegels* betrachtet, der sich baulich in den Silhouetten unserer Metropolen ausdrückt.

Schrittweise wird versucht, die hinter dem sichtbaren Wirtschaftskegel agierenden Kräfte, wie Pendlerzeiten, Lohngefälle, Landkosten, Mietpreise, Verknappung und Renditen zu enttarnen. Am Beispiel der Metropolitanregion Zürich wird aufgezeigt, warum Stadtentwicklung und Bautätigkeit sich zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer bestimmten Region auf eine bestimmte Art und Weise manifestiert haben.

* frei nach Ludwig-​Wilhelm Schleiter, Historische, gesellschaftliche und ökonomische Grundlagen der Immobilien-​ Projektentwicklung

Renditen
Die verschiedenen Renditeformen als Mittler zwischen Investitionen und Erträgen werden anhand einer konkreten Projektentwicklung herausgearbeitet und ihr Einfluss auf das Projekt aufgezeigt, bzw. relativiert. Über den Begriff der Rendite wird die Relevanz der Zeitachse in der Planung und Erstellung eines Gebäudes veranschaulicht. Die ökonomische Betrachtung einer Liegenschaft und seine Aufteilung in Erstellungs-​ und Landkosten, sowie die Entstehung Letzterer aus den Renditeerwartungen heraus wird ebenso thematisiert, wie der Einfluss von Bewegungen auf den Zinsmärkten auf das Projekt, sowie auf die Rahmenbedingungen, unter denen wir Architektinnen und Architekten arbeiten.

Kosten
Land-​, Gebäude-​ und Erstellungskosten, als die vielleicht direkteste ökonomische Entsprechung von Architektur werden mit Hilfe der gängigen Methoden systematisiert und auf der Zeitachse des Planungs-​ und Bauprozesses eingeordnet. Kostenarten, -​ermittlung, -​planung und –kontrolle werden angesprochen, sowie die relevantesten Einflussfaktoren auf die Baukosten analysiert.

Projektentwicklung
Diese Vorlesung ist der zunehmenden Komplexität, Professionalisierung und in der Folge Fremdbestimmung des Planungs-​ und Bauprozesses geschuldet. Die durch die Finanzkrise von 2008 und ihre Folgen noch gestiegene Attraktivität von Investitionen in Realgüter - und hier in vorderster Front die Immobilien - hat zu einer bereits lange davor stattfindenden Übernahme von Bewertungs-​ und Managementmethoden, sowie Organisationsformen aus der Finanzwirtschaft in die Immobilien-​ Projektentwicklung geführt. Die sich dadurch wandelnde Rolle des Architekten vom Generalisten zum Spezialisten in vielen Projektkonstellationen wird kritisch erläutert und hinterfragt.

Die verschiedenen Akteure in diesem Segment werden in Hinblick auf ihre Grundvoraussetzungen, Methoden, Ziele und Strategien hin vorgestellt und die Konsequenzen für die von ihnen initiierten Projekte, sowie für die Arbeitsweise der Architektinnen und Architekten veranschaulicht.

Die Genossenschaften
Das Genossenschaftsmodell wird als gesellschaftlicher und ökonomischer „Spitzenbrecher“ in der hochpreisigen Mietlandschaft der Metropole vorgestellt. Mit Fokus auf die Entwicklung der Zürcher Genossenschaften wird die Entstehung der genossenschaftlichen Bewegung im europäischen Kontext betrachtet. Das ökonomische Modell der (Zürcher) Genossenschaften wird bis auf seine Einzelteile analysiert und anhand eines tatsächlich gebauten Projektes (in Zusammenarbeit mit der Allgemeinen Baugenossenschaft Zürich-​ ABZ) nachempfunden. Die ökonomische und in der Folge gesellschaftliche Hebelwirkung dieses Modells wird durch die Simulation des gleichen Projekts unter freien marktwirtschaftlichen Bedingungen veranschaulicht.

Leistungsnachweis

Als Leistungsnachweis für die Vorlesung Bauprozess:Ökonomie gelten die erfolgreiche und individuell bewertbare Teilnahme am Online-​Gruppenworkshop (siehe Semesterprogramm oben). Die Live-​ Präsenz an diesem Datum ist rechtzeitig von den Studierenden einzuplanen.